Ensiferum und Chthonic (10.12.2007, Karlsruhe, Substage, Reaper)
Draußen ist es nass und für diese Jahreszeit viel zu warm. Nachdem uns im November eine skandinavische Kaltfront bibbern ließ, bringt der Sturm nun die Finnen von Ensiferum nach Karlsruhe. Mit an Bord des alle Welt erobernden Kriegschiffes sind heuer die Taiwanesen von Chthonic und die Schweden von Insania. Aber genug der Vorrede, lasst ins Getümmel uns werfen.
Pünktlich um 20:00 Uhr betreten die Schweden Insania aus Stockholm die geräumige, niedrige Substage Bühne. Im Vorfeld spekulierten einige Besucher darüber, was ihnen der Fünfer wohl musikalisch bieten würde, teils wurde sogar auf Death Metal getippt. Aber das ist es nun wahrlich nicht, was uns die Jungs um den Kilometer fressenden Frontmann Ola Halén hier bieten. Einen melodischen und doch stellenweise kraftvoll nach vorne preschenden Metal zelebrieren sie, so dass das Publikum nach kurzem Abtasten allen Aufforderungen zum Mitklatschen und Schreien nachkommt. Lieder wie „Land Of The Wintersun“ oder „Valley Of Sunlight“ beweisen, dass Insania großartige Melodic Power Metal Hymen schreiben können. Einzig einige Schieflagen des guten Ola trüben den Genuss ein wenig. Nach einer halben Stunde ist dann leider auch schon Schluss und man sieht der nächsten Band erwartungsfroh entgegen.
Die fünf Jungs und das Mädel sind es alleine schon aufgrund ihrer Herkunft wert, sich in die erste Reihe zu quetschen. Chthonic kommen aus Taiwan und spielen Black Metal. Klingt wenig spektakulär? Für Menschen, denen Black Metal im Allgemeinen nicht liegt, mag dies wahrscheinlich zutreffen, aber die wild geschminkte Truppe um Frontdämon Freddy, der sich die Seele aus dem Leib schreit, weiß wahrlich zu gefallen. Gewohnt langsam und schleppend starten sie in ihr Set - für diejenigen unter euch, die die kürzlich erschienene DVD A DECADE ON THE THRONE kennen – um dann von Song zu Song mehr Fahrt aufzunehmen und am Ende förmlich zu explodieren. Tempovariationen und traditionelle Er-hu Klänge (eine einsaitige asiatische Geige) bestimmen den Sound der Band und machen ihn gewissermaßen einzigartig. Was soll man da noch anderes sagen als das, was Freddy feststellt: „We are so far away from home, but Metal brings us and you guys together!“
Recht hat er.
Die Zeiger der Uhr bewegen sich auf 22:00 Uhr zu – Headliner Zeit. Doch selbst ohne im Besitz eines Zählwerks zu sein, könnte einem diese Tatsache nicht entgehen, denn ehe man’s sich versieht ist man zwischen Absperrung und erbarmungslos von hinten schiebenden Menschenmassen eingeklemmt und gefangen. Das kann ja heiter werden, da der heutige Headliner Ensiferum noch nicht einmal die Bühne betreten hat und die Techniker noch emsig bei der Arbeit sind. Schließlich gehen die Lichter aus und die Töne von „Ad Victoriam“, dem Intro des in diesem Jahr erschienen Albums VICTORY SONGS erschallen aus den Lautsprechern, so dass es nun kein Halten mehr gibt und kein Platz zum Atmen bleibt. Unter tosendem Applaus betreten die finnischen Krieger die Bühne, wobei Sänger Petri Lindroos mit seinem Kuhflecken Cowboyhut den Vogel abschießt.
Das Set der Finnen, das mit den drei Zugaben gut 105 Minuten beträgt, beinhaltet neben einigen Klassikern der Marke „Token Of Time“, „Little Dreamer“, „Tale Of Revenge“, „Hero In A Dream“, „Guardians Of Fate“, „Abandoned“, „Iron“ und „Into The Battle“ nahezu das komplette VICTORY SONGS Album, dessen Lieder lautstark mitgegrölt werden. Während man von dem Massen fast erdrückt wird und das Set einem Best-Of gleichkommt, lassen es sich die Finnen nicht nehmen in den Pausen zwischen den einzelnen Liedern Humppa zu spielen oder gar ein Highspeed Solo von Markus Toivonen zu performen, welche das Publikum begeistert aufnimmt.
Bei „Iron“ fordert Petri alle auf das Lied mit „Tatatata“-Rufen zu unterstützen und provoziert mit den Worten, dass das Publikum gestern in Köln um einiges lauter gewesen sei – das Ergebnis könnt ihr euch denken. Doch die Überraschung des Abends, was das Set angeht ist das "Finnish Meddle", das seinen Weg auf die Liste gefunden hat - sehr schön.
Ein genialer Abend mit drei Bands, die alle auf ganzer Linie überzeugten. Wenngleich man festhalten muss, dass einige Lieder von Ensiferum live durchaus anders klingen als auf Platte, strafen sie jene Lügen, die ihre Live-Fähigkeiten bemängeln.
Bleibt nur die Frage, warum in den Umbaupausen pausenlos Anthrax lief…
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