Squealer-Rocks.de Live-Review
(20.10.2007, Oberhausen, Arena, maddin)

Einen Konzertbericht über Rush zu schreiben ist eigentlich unmöglich. Und das liegt garantiert nicht an meinen begrenzten sprachlichen Fähigkeiten – bei dieser Band würden sich auch fähige Schreiber die Zähne ausbeißen. Denn: wie soll man etwas in Worte fassen, was man gar nicht kapiert? Wie soll man jemandem erklären, dass man etwas Unglaubliches gesehen hat? Etwas, dass das menschliche Hirn gar nicht erfassen kann? Übertrieben? Der Maddin spinnt mal wieder? Von wegen! Dann fragt mal jeden der etwa 5000 Zuschauer, die gestern Abend dabei waren. Wobei wir auch schon beim ersten und einzigen Mangel dieser Götterdämmerung wären: Ey, Ihr Schnarchnasen da draußen! Zu jedem Dreck rennt Ihr hin und wenn die drei menschgewordenen Götter uns armseligen Lebewesen ihre Aufwartung machen, ist die schmucke Arena in Oberhausen nur zu zwei Dritteln gefüllt. Sei’s drum – irgendwann ärgern sich alle, die nicht da waren. Und ich möchte meinen Teil dazu beitragen, den Neid unter die Ungläubigen zu streuen.

Um genau 20 Uhr und 3 Minuten war es dann soweit. Licht aus, Intro an! Ja, denn dieses ist ein wesentlicher Bestandteil einer jeden Rush Show und darf auch gerne mal locker 5 Minuten lang sein. Zwar gab es dieses Mal nicht „Arthur Spooner“ Jerry Stiller bangend im Rush Shirt zu sehen, weniger unterhaltsam war die Sache trotzdem nicht. Der auf den drei überdimensionalen Leinwänden gezeigte Kurzfilm bot die üblichen Computeranimationen mit Bezug auf die Plattencover der Band und als Comedy Stars fungierten die Herren Musiker diesmal höchstpersönlich (u.a. im Bett als Ehepaar liegend – urkomisch!).
Komisch hin oder her, die Spannung im Auditorium stieg ins Unermessliche, man wollte sie endlich sehen, die Prog Legenden.
Locker trabten sie dann auf die Bühne, ein kurzer Wink ins Publikum und der überraschende Einstieg hieß „Limelight“.
Geddy Lee und Alex Lifeson agierten spielfreudig wie immer und sind einfach nur super – sympathisch. Diese beiden haben soviel Spaß an ihrer Musik, dass es einfach ansteckend ist. Geddy’s wenige, aber höchst nette und ehrliche Ansagen brachten den Kanadiern weitere Punkte auf der Sympathieskala ein.

Doch der Obergott thronte standesgemäß in großer Höhe über dem ganzen Geschehen. Man kann es gar nicht oft genug sagen: Neil Peart kann kein Mensch sein! Unabhängig von seinen trommlerischen Fähigkeiten, die wirklich nicht in Worte zu fassen sind, besitzt dieser Mann eine unglaubliche Ausstrahlung. Man könnte den ganzen Abend damit zubringen, ihn an seinem riesigen, drehbaren 360 Grad Drumkit zuzuschauen. So bekam er selbstredend auch wieder genügend Spielraum, u. a. bei seinem mittlerweile legendären Drum Solo mit der berühmten Swing - Einlage, mit dem er wieder mal bewies, dass es keineswegs langweilig sein muss, einen Schlagzeuger 10 Minuten lang bei der Arbeit zu beobachten.

Das Langeweile gestern Abend eine unbekannte Vokabel war, lag nicht zuletzt auch der Setlist, die wirklich eine faustdicke Überraschung war. Statt auf Nummer Sicher zu gehen und nur auf Klassiker zu setzen, spielten Rush fast das komplette neue Album „Snakes And Arrows“. Zwar stieß dies bei einigen Teilen der Zuschauer auf wenig Gegenliebe, aber diese Zeitgenossen hätten im umgekehrten Fall womöglich genauso gemeckert, dass man immer selbe zu hören bekäme.
Natürlich gab es trotzdem noch genügend Klassiker auf die verwöhnten Ohren. Gewinner des Abends war – wie immer – „Tom Sawyer“, das diesmal als letzter Song gespielt wurde. Dankbar war man auch, dass Klopper wie „Entre Nous“ oder das poppige „Mission“ wieder mit ins Programm aufgenommen wurden. Das mit der Zugabe „A Passage To Bangkok“ nur ein einziger Uralt Song gebracht wurde, darf natürlich kritisiert werden, andererseits spricht es aber für die Band, dass die Setlist sehr wenig Überschneidungen mit der der vorherigen Tour bot. Recht machen kann man es sowieso keinem – da hätte die Truppe 8 Stunden spielen müssen.
Hat sie aber nicht – nach 70 Minuten war Schluß! Genauer gesagt: da war Pause.
Es gab dann nochmal gute 2 Stunden Musik vom anderen Stern.
Noch Fragen, meine Herren?
Gut, vielleicht nach der Lightshow oder dem Sound. Auch die spotteten jeder Beschreibung und waren…..hm, keine Ahnung, wie man das nennen soll.
Genial? Schweinegeil? Unbeschreiblich?
Ja, genau. Unbeschreiblich. Deswegen endet hier auch mein Versuch, etwas zu erklären, was man nicht erklären kann. Ja, hatten wir schon – aber so war’s nun mal.
Und jetzt last uns alle zum Prog Gott beten, dass er uns diese Gottgestalten noch einmal nach Deutschland entsendet.
Am besten schon nächste Woche!

Setlist:

1. Limelight
2. Digital Man
3. Entre Nous
4. Mission
5. Freewill
6. The Main Monkey Business
7. The Larger Bowl
8. Secret Touch
9. Circumstances
10. Between The Wheels
11. Dreamline

Pause



12. Far Cry
13. Workin' Them Angels
14. Armor And Sword
15. Spindrift
16. The Way The Wind Blows
17. Subdivisions
18. Natural Science
19. Witch Hunt
20. MalNar
21. Drum Solo
22. Hope
23. Between The Wheels
24. The Spirit Of Radio
25. Tom Sawyer

Zugaben:

26. One Little Victory
27. A Passage to Bangkok
28. YYZ