Squealer-Rocks.de Live-Review
Jethro Tull (13.06.2007, Serenadenhof, Nürnberg, Bombenleger)

Man verzeihe Squealer-Rocks, daß im Fränkischen Raum nur ein einziger Redakteur sitzt, der obendrein von Jethro Tull nicht viel Ahnung hat, trotz der 40 Lenzen auf dem Buckel. Aber ich habe mir Mühe gegeben, schnell noch eine Best of CD gekauft, desweiteren gibt ja youtube.com so einiges her an Video Material und eine aktuelle Set Liste habe ich im Netz auch noch gefunden. So gab ich mir einen Crash Kurs, damit ich beim Tull Konzert nicht gar so wie ein Idiot dastehe. Der Wettergott hatte auch ein Einsehen und drehte zwei Stunden vor Konzertbeginn den Hahn zu, denn was am späten Nachmittag an Sintflutartigen Regenfällen herunterkam ließ mich schon fast auf einen Konzertabbruch einstellen. Der Serenadenhof im südlichen Teil der Kongresshalle (größte erhaltene nationalsozialistische Monumentalbau in Deutschland) ist nämlich nur teilweise überdacht. Aber so konnte ab 20.00 Uhr alles seinen gewohnten Gang gehen.


Vorgruppe gab es keine und nach dem lausigen Intro von "The Rasmus - In The Shadow" geht es mit "Someday The Sun Won't Shine For You" und "Living In The Past" los. Die Leute, welche Tull dem Alter nach zu urteilen wahrscheinlich schon in den 70ern erleben durften, feiern nahezu jeden Song mit einer Begeisterung ab, wie ich es selten bei Konzerten erlebt habe. Da hat Ian Anderson teilweise schon Schwierigkeiten, sich Gehör zu verschaffen. Mann, irgendwie ist der Tull Frontmann genau der Großvater, den ich nie hatte und mir immer gewünscht habe. Es ist schon eine Faszination, welche dieser ausübt, wenn er auf nur einen Bein auf seiner Querflöte soliert und nebenbei während seiner Ansage Sprüche vom Stapel läßt, die einem vor Lachen die Tränen in die Augen treiben, wie zum Beispiel bei "Fat Man", das er den wohlbeleibteren Zuhörern in den ersten Reihen widmet oder seine hochgeistigen Bemerkungen über Henry den VI bei "Pastime With Good Company", der bekanntlich seinen 5 oder 6 Frauen enthaupten ließ. Desweiteren kündigt er "Aqualung" erst als "Stairway To Heaven" und dann als "Smoke On The Water" an und zwar in einer derart coolen Weise, wie man sie auf dem Papier nur schwerlich wiedergeben kann.

Insgesamt waren es zwei kurzweilige Stunden auf einem sehr hohen musikalischen Niveau, wo niemanden bei schwermetallischen Frequenzen der Kopf zersägt wurde - nein, da brannte echtes Musikfeuer. Höhepunkte waren sicherlich "Aqualung" und "Thick As A Brick" sowie "Budapest", bei denen auch viel improvisiert wurde. Jedenfalls hatte ich die Songs teilweise etwas anders in Erinnerung.

Als einzigste Zugabe folgte dann mit "Locomotive Breath" das wohl bekannteste Stück von Jethro Tull, ohne welches die Musikgeschichte wohl um ein erhebliches Kapitel ärmer wäre und den Serenadenhof nochmal zum Beben brachte.

Fazit für mich als Jethro Tull Neuling - Tull sind alles andere als "Dull" (engl. = öde, langweilig) wie Jimmy Page die Band einstmals betitelte. Für 50 Mäuse Eintrittsgeld zwar nicht ganz billig, aber ich habe an diesen Abend eine lebende Legende erlebt und jede Sekunde genossen!


Setliste
Someday The Sun Won't Shine For You
Living In The Past
Jack-In-The-Green
The Donkey And The Drum
The Water Carrier
Thick As A Brick
Pastime With Good Company (King Henry's Madrigal)
Fat Man
Bourée
Sweet Dream
After You After Me
Nothing Is Easy
Aqualung
America
My God
Budapest
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Locomotive Breath