Squealer-Rocks.de Live-Review
Magnum (01.12.2005, Bochum, Zeche, Maddin)

"Tja, so kann man sich täuschen.“ Diesen Satz konnte man am gestrigen Abend mehrmals bemühen. Zunächst mal hat es mich schwer verwundert, dass die Bochumer Zeche bei Magnums einzigem NRW Gastspiel ihrer kurzen Deutschland Tour zwar mit ca.700 Leuten sehr gut gefüllt, aber nicht ausverkauft war. Ey, Leute – wir sprechen hier von einer der Hardrock Legenden schlechthin! Wo wart Ihr? Als Ausrede lasse ich nicht den ungünstigen Mittwochabend gelten. Allenfalls ein Krieg oder ein Erdbeben könnten ein Fernbleiben evtl. entschuldigen. Da sich aber meines Wissens nichts dergleichen ereignete, ab in die Ecke und schämen! Oder noch besser: Den Bericht lesen und ärgern!

Sich ärgern brauchte sich dagegen niemand des anwesenden Publikums, das – "..sich täuschen, die Zweite“ – sich nicht nur aus meinen Jahrgängen, irgendwo kurz vor der Rente, sondern aus erstaunlich viel Jungvolk zusammen setzte, das genauso viel Spass wie die alten Säcke hatte und dieses auch lautstark zum Ausdruck brachte.
Ebenfalls getäuscht haben sich zahlreiche Fans, die mit ihrer These der Marke "..erst kommt ja noch die Vorgruppe, vor 21 Uhr treten Magnum sowieso nicht auf“ gründlich daneben lagen. Nix Vorgruppe, nix 21 Uhr.

Pünktlich auf die Minute um 20 Uhr dröhnte das Intro von "Brand New Morning“ durch die Boxen. Als die Mannen um Tony Clarkin dann die Bühne betraten wurde sofort klar, dass es hier keinen Anheizers bedurfte. Die Leute schienen regelrecht ausgehungert nach einer Portion edlen Hardrocks zu sein.
Als erstes fiel auf, in welch gutem Zustand sich die Stimme von Bob Catley befand. Wurde vor dem Konzert im Saal noch heftig darüber diskutiert, dass der sympathische Sänger beim England Gig auf der neuen DVD bei einigen Passagen leichte Probleme hatte, so rieb man sich nun verwundert die Ohren. Mr. Catley meisterte selbst schwierige Parts fehlerfrei und klang beispielsweise bei "Need a lot of love“ energischer als auf der Studio Version und gab so einigen Songs ein etwas anderes Gesicht.

Apropos DVD: Erwartungsgemäß wurde fast das identische Programm des London Auftritts geboten, wobei uns mit "The Spirit“ sogar ein Stück mehr präsentiert wurde.
Heisst im Klartext, dass die Band zunächst einen Streifzug durch ihre lange Geschichte machte, und eine Art Best Of Programm spielte.
Logisch, dass jede Nummer ein Volltreffer war. Was sich bei Jahrtausendnummern wie "Vigilante“ im Publikum abspielte, beschert mir jetzt noch eine Gänsehaut. Die Musiker schüttelten mehrmals ungläubig den Kopf, ob der frenetischen Sprechchöre. Legende hin oder her: mit solchen Reaktionen haben die Herren von der Insel nicht gerechnet. Dementsprechend spielfreudig wurde dann auch on Stage agiert. Selbst Tony Clarkin ließ sich zu, für seine Verhältnisse euphorisch zu nennenden, Gesten hinreissen. Da wurden Hände geschüttelt, da wurde der Arm in die Höhe gestreckt und unser Mr. Obercool kriegte das Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht.
Dieser Mann ist alleine das Eintrittsgeld wert. Auch wenn sein Bewegungsradius gen Null tendiert, macht es nicht nur wegen seiner tollen Riffs Spass ihm zuzuschauen. Dieser Kerl spielt nicht den Coolen – er ist einfach cool!

Nach dem überlangen, sehr bombastisch dargebotenen "Sacred Hour“ kündigte Bob Catley dann eine viertelstündige Pause an, die sich dann auf das dreifache an Länge hinzog, aber genug Zeit für Diskussionen im Publikum gab. Die pendelten zwischen "Das Geilste, was ich je gesehen hab“, bis hin zu "Das Beste, was ich je gesehen hab“. Durchweg gemischte Meinungen also. ( Tja, in Erinnerung an so einen tollen Abend ist schon mal ein kleiner Scherz drin ).

Mit dem wohl besten Magnum Song überhaupt, "How far Jerusalem“, war dann tiefe Ehrfurcht im kalten Kohlenpott angesagt. Magnum spielten die komplette "On a Storyteller’s Night“ Scheibe, deren Erscheinen vor genau 20 Jahren auch Grund für diese Konzertreise ist. Ich möchte nicht respektlos erscheinen, aber bei der gestrigen Verfassung von Band und Publikum, wäre es egal gewesen was gespielt worden wäre – Hauptsache Magnum.

Das gegenseitige Abfeiern ging also noch ne knappe Stunde weiter, beim Titelsong überließ Mr. Catley gar den Fans das Singen, da sie eh lauter als die Band waren. Was aber gottlob nicht an der Lautstärke des Hallensounds lag, der war nämlich schön kräftig und trotzdem glasklar.
Bei "The last Dance“ machte sich dann ein bisschen Wehmut breit, ahnte man doch das Ende der Show. Es heisst zwar, man soll aufhören wenn es am schönsten ist, aber nicht mit dem geilsten Publikum der Welt!
Es wurde gebrüllt, bis die Boxentürme wackelten und tatsächlich setzten unsere Lieblingsengländer noch einen drauf und spielten eine Wahnsinnsversion von "Kingdom of Madness“.
Jetzt war natürlich endültig Schluss. Unterm Strich blieb eine Netto Spielzeit von gut zwei Stunden voller Hardrock Perlen, sowie 700 sehr, sehr glückliche Fans, die auf der anschliessenden Heimfahrt in öffentl. Verkehrsmitteln den Bus der Linie 353 mit ihren "Magnum, Magnum!“ Sprechchören zum erzittern und den Busfahrer zum verzweifeln brachten.

Von meiner Seite aus empfehle ich jedem Fan von hochwertigem, bombastischem Hardrock die neue DVD, wo man zumindest ein bisschen was von der einzigartigen Atmosphäre eines Magnums Konzerts spürt.
Ausserdem bedanke ich mich für einen unvergesslichen Abend bei dem tollen Bochumer Publikum, meinen Helden Magnum und bei Basti von SPV.
Im nächsten Jahr hätte ich dann gerne das komplette "Vigilante“ Album live aufgeführt.

Setlist:
1. Brand new Morning
2. Backstreet Kid
3. The Spirit
4. Need a lot of Love
5. We all run
6. Soldier of the Line
7. Vigilante
8. Sacred Hour

Pause

1. How far Jerusalem
2. Just like an Arrow
3. On a Storyteller’s Night
4. Before first Light
5. Les Mortes dansant
6. Endless Love
7. Two Hearts
8. Steal your Heart
9. All England’ s eyes
10. The Last Dance

Encore:
Kingdom of Madness