Jethro Tull und KAT (13.06.2005, Wattenscheid, Freilichtbühne, Maddin)
Zunächst mal bitte ich die Hardcore Fans von Jethro Tull, die dies hier lesen, um Nachsicht. Zu meiner eigenen Schande muss ich nämlich gestehen, ein ziemlicher Laie zu sein, was diese hervorragende Band betrifft. Sicher sind mir die ganz großen Hits bekannt, aber das war’s auch leider schon. Also seht es mir nach, wenn es keine detaillierten Beschreibungen der Live Fassungen gibt. Um diesen Makel in meinem Lebenslauf zumindest ein bisschen zu schönen, war es also höchste Zeit sich mal von den Bühnenqualitäten dieser Rocklegende zu überzeugen.
Die Voraussetzungen für einen tollen Abend waren gegeben: Samstagabend, das Wetter ist kühl, aber trocken und die Freilichtbühne – die aufgrund ihrer amphitheaterartigen Beschaffenheit auf allen Plätzen beste Sicht und besten Klang garantiert – war mit knapp 4000 Leuten nahezu ausverkauft.
Eine halbe Stunde vor dem offiziellen Beginn ging bereits die Support Band KAT auf die Bretter. Jedoch traute hier so mancher seinen Augen und Ohren nicht! Mit Verlaub: Aber welcher Veranstalter platziert im Vorprogramm einer seit fast 40 Jahren bestehenden Formation eine Teenie Band, die auf der Welle von Silbermond, Juli und Konsorten schwimmt? Die Mitglieder um Sängerin Kat waren nicht einmal halb so alt wie der Durchschnitt des Publikums und der harmlose Radio Pop wäre wohl eher was für „The Dome“ auf RTL 2 gewesen. Na, ja – es gab zumindest Höflichkeitsapplaus und die Bier- und Bratwurststände verzeichneten Rekordumsätze.
Nahezu auf Null ging der Umsatz dann zurück als um kurz nach acht Ian Anderson mit seinen Mannen erschien. Jetzt starrte alles gebannt nach vorne.
Riesenjubel, und mit „My Sunday Feeling“ und „Crossed-eyed Mary“ gab’s ein furioses Doppel zum Einstieg.
Der Sound war glasklar, wenn auch ein klein wenig zu leise. Allerdings muss man erwähnen, dass der ziemlich starke Wind hier auch nicht gerade förderlich war.
Ich muss gestehen, dass ich von der ersten Sekunde an wie elektrisiert von der enormen Präsenz Andersons war. Dieser Mann ist wirklich ein Ereignis. Bewaffnet mit seiner Querflöte tobte er wie ein Derwisch über die Bühne, spielte in bester „Whistler“ Manier auf einem Bein sich im Kreis drehend, und degradierte zeitweise den Rest der Band zu Statisten.
Was sie natürlich mitnichten sind. Bei den streckenweise ausufernden instrumentalen Passagen demonstrierte jeder einzelne seine virtuosen Fähigkeiten auf erstaunlich entspannte und lockere Art.
Ein Ereignis sind auch Andersons Ansagen, die nicht selten in lustige Frotzeleien mit Gitarrist Martin Barre münden. So bezeichnet er seinen Bandkumpel im Gegensatz zu Eric Clapton „not Mr. Slow-Hand – he’s Mr. No-Hand“.
Knapp 2 Stunden gab die Band ein wirklich hin- und mitreissendes Konzert, welches mit tosenden Jubelstürmen bedacht wurde.
Und als gegen Ende des Gigs Knaller wie „Aqualung“ und natürlich „Locomotive Breath“ zelebriert wurden, fühlte ich mich für kurze Zeit auch als Teil der großen Tull Gemeinde.
Allerdings nur so lange bis mein Nebenmann meinte, dass er die Band zum ersten Mal vor 30 Jahren gesehen hätte, sie es aber noch „drauf hätten“.
Tja – da war er dann wieder, dieser Makel!
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