Squealer-Rocks.de Live-Review
KISS und Judas Priest (31.05.2015, Gelsenkirchen, Veltins Arena, maddin)



Vorab: Einen kompletten Bericht über das Festival können wir nicht bieten, da die SQR - Delegation lediglich am Sonntag, dem dritten und letzten Tag, zugegegen war. Macht aber nix - einen adäquaten Eindruck von diesem neuen, heftigst diskutierten Event können wir dennoch hoffentlich vermitteln.

Ich höre / lese sie immer noch, die Unkenrufe im Vorfeld:
Nach der Verlegung des ursprünglich „Grüne Hölle“ titulierten Festivals vom altehrwürdigen Nürburgring in die Schalke Arena und die Umbenennung zu „Rock im Revier“ durfte ich mir in diversen Foren und auf zahlreichen Konzerten von selbsternannten Experten prophezeien lassen, dass das Geld für mein frühzeitig gekauftes Ticket weg wäre, da der Veranstalter ja eh pleite gehen würde oder das Konzert mangels Zuschauerzuspruch sowieso gar nicht erst stattfinden würde.
AM ARSCH!!!

Was denkt Ihr ganzen Klugscheisser eigentlich? Dass eine höchst renommierte Konzertagentur wie die von Ossy Hoppe eine Nullnummer fabriziert, dass die nicht wissen, was sie tun? Dass die Manager der Schalke Arena nicht vorher genau prüfen, wer da ihren Ballspiel - Tempel anmietet? Dass die Manager von KISS oder Metallica sich vorher nicht finanziell absichern und sich die nicht kleinen Gagen ihrer Schützlinge nicht vorfinanzieren lassen?
Jau – Ihr seid alle sooooo klug....

So, genug gemotzt --- kommen wir zum Vorab Fazit: Der Veranstalter hat alles richtig gemacht.
Der Shuttle Service des 8 Kilometer vom Spielort entfernten Campingplatz' zur Arena funktionierte einwandfrei, stets standen bis zu 10 Gelenkbusse bereit, die niemals überfüllt waren.
Auf dem gesamten Gelände standen ausreichend WCs (!) zur Verfügung, es gab ausreichend Fress- und Saufstände ohne lange Wartezeiten – und dafür, dass die Veltins Brühe überteuert war und schlicht nicht schmeckt, kann die Konzertagentur auch nichts. Außerdem gab es genügend Alternativen wie bspw. Den Jägermeister Stand, wo man reichlich Kräuterschnaps für kleines Geld ordern konnte.
Die Security war stets präsent und überaus hilfsbereit.
Somit also: Daumen hoch!!

Die erste Band des Tages, die sich die SQR Mannschaft angesehen hat, waren die Senkrechtstarter von Kissin Dynamite. Auch hier: Was eigentlich als „Nebenbühne“ auf einem Parkplatz gedacht war, entpuppte sich als riesige Stage, vergleichbar mit der Hauptbühne in Wacken.
Das Wetter war Scheisse und liess die maximal 300 Anwesenden schön nass werden, der guten Stimmung tat jedoch weder dies, noch der schlechte Sound (Mittelfinger für den ignoranten / arroganten Penner am Mischpult!) einen Abbruch. Die Süddeutschen posten sich wie immer höchst spielfreudig durch ihren Set, und ihr an Skid Row angelehnter Metal hinterliess nur zufriedene Gesichter.

Nun hiess es: Ab in die Arena! Accept baten zur Audienz. Ich muss zugeben, dass das Sympathie - Barometer im Vorfeld aufgrund des miesen Rauswurfs von Herrman Frank bei uns nicht gerade in den oberen Regionen angesiedelt war. Doch nach den 60 Minuten muss man Wolf Hoffmann und Peter Baltes attestieren, dass sie das alte Schlachtross Accept immer noch in begeisternder Form präsentieren. Mit Uwe Lullis hat man einen erstklassigen Ersatz an der 2. Gitarre, und das „Neu“ - Sänger Mark Tornillo zwar „Uns Udo“ nicht ersetzen kann, aber dennoch beinahe perfekt ist, dürfte mittlerweile hinreichend bekannt sein.

Der Set bot eine schöne Mischung aus Klassikern und aktuellen Stücken, wobei gerade im Live - Gewand deutlich wird, dass die neueren Tracks zwar allesamt gut sind, gegen den „old Shit“ aber ziemlich abkacken – um mal im fäkalen Terminus zu bleiben.
Macht aber nix, die Stimmung war klasse, und die traditionellen Mitsing – Spielchen bei „Metal Heart“ machen ja auch immer wieder Spaß.

Danach stürmten Five Finger Death Punch die riesige Bühne, die mir gänzlich unbekannt waren. Mehr als ein „ganz nett“ konnten mir die Amis mit ihrem Crossover / Modern Metal auch nicht entlocken, allerdings hatten sie den besten Sound des Tages – und waren als einzige Truppe zumindest annähernd laut.

Dann war Götterdämmerung Teil 1 angesagt: Der Meister gab sich die Ehre! Zwar war der Einstieg mit dem aktuellen Doppel „Battle Cry“ und „Dragonaut“ für ein Festival etwas ungeschickt gewählt, doch spätestens bei „Metal Gods“ und dem überraschenden „Devils Child“ (die zweite Überraschung war „Jawbreaker“) war jedem klar, dass Judas Priest nach wie vor die beste Metal Band des Planeten sind.
Richie Faulkner hat sich dermaßen gut in die Band eingefügt, dass man K.K. Downing kaum vermisst, Glenn Tipton ist schlicht und einfach überirdisch, Ian Hill schafft es auch nach 40 Jahren immer noch, sich keinen einzigen Zentimeter von der Stelle zu bewegen, dennoch konstant durchzubangen und das, was Scott Travis hinter seiner Schiessbude veranstaltet, ist kein Drumming im herkömmlichen Sinne, sondern eher eine abstrakte Art des Zerstörens.

Und dann ER, der Metal Gott! Wohl kaum jemand im Metal Bereich hat diese Ausstrahlung. Bei IHM reicht eine simple Handbewegung, um gestandenen Metal Fans die Tränen der Freude in die Glotzer zu treiben. Dazu kommt: Was ist mit der Stimme des Meisters los? Bereits bei „Victim of Changes“ brillierte der Mann wie einst in den alten Tagen. Und am Ende, bei der „Angstnummer“ „Painkiller“ dann das Unfassbare: Rob kann ihn wieder! YES!!! Er hat sich fehlerfrei und höchst voluminös durch die Höhen gekreischt und nur entgeisterte und begeisterte Gesichter im Publikum hinterlassen.
Nach 75 Minuten und „Living after Midnight“ war man enttäuscht, weil es vieeel zu früh zu Ende war.

Mit gut 10 - minütiger Verspätung war es dann soweit: KISS kamen, sahen und siegten!!! Nun ja - hat irgendwer etwas anderes erwartet? Als Opener den besten Rock Song aller Zeiten, „Detroit Rock City“, zu wählen –wer kann sich das schon erlauben?
Eben - nur die einzig wahren Fab Four aus NYC.
Gut, nun waschen wir uns mal die Schminke ab und versuchen, objektiv an die Sache ranzugehen.
Klar, Paul Stanleys Stimme ist im Arsch und bei den hohen Tönen muss man schon ein ziemlich großer KISS Fan sein, um dem noch etwas positives abzugewinnen.
Man fragt sich auch, weshalb der Gute dann Sachen wie „Lick it Up“ überhaupt noch singt. Zumindest scheint er nach wie vor von sich überzeugt zu sein und greift nicht auf Playback oder Ghostsinger zurück.
Hut ab!

Dafür war der zweite KISS Boss umso besser bei Stimme. Gene Simmons erlebt mit 65 wohl gerade seinen dritten Frühling. Er war ständig in Bewegung, vermittelte Spielfreude ohne Ende und brüllte sich regelrecht durch Klopper wie „War Machine“ oder „Parasite“ und lenkte somit auch geschickt von seinem etwas müde wirkenden Kumpel ab.
Das ist es halt: KISS wissen eben, wie eine gute Show zu funktionieren hat.

Thommy Thayer an der Lead Guitar wirkte leider extrem lustlos und auch deplatziert, während Eric Singer an den Drums eine Bombe war und sich mit Gene bei „Black Diamond“ überaus eindrucksvoll die Bälle zuspielte.
Die Show war wie immer über jeden Zweifel erhaben, auch wenn die Maskenmänner schon spektakulärer unterwegs waren.

Man könnte es auch mit dem Kommentar einer Wodka – umnebelten Besucherin sagen:“Das ist wie ein Kindergeburtstag! Ein 65 – jähriger angemalter Mann mit einem Kostüm schafft es, dass ihm 20.000, fast gleichaltrige Leute zujubeln, wenn er Blut und Feuer spuckt...“
Ja, genauso ist es! Und es ist schön!

Der Veranstalter hat schon zugesagt, 2016 „Rock im Revier“ zu wiederholen. Ein lobenswerter Gedanke, ein Manko bleibt trotz all der tollen Organisation dennoch: Die Akustik in der Arena ist schlicht und einfach Kacke! Da beissen sich selbst die fähigsten Tontechniker die Zähne aus.
Es ist sogar vorne zu leise, drehen sie lauter, wird der Hall unerträglich.
Was ist also tun? Keine Ahnung, ist auch nicht mein Job. Ich bedanke mich für ein tolles Konzert!
(und bei Jägermeister!)

Setlist Accept:

1. Stampede
2. Stalingrad
3. London Leatherboys
4. Restless and Wild
5. Princess of the Dawn
6. Pandemic
7. Fast as a Shark
8. Metal Heart
9. Teutonic Terror
10. Balls to the Wall

Setlist Judas Priest:
War Pigs
(Black Sabbath song) (first verse only)
Battle Cry
Dragonaut
Metal Gods
Devil's Child
Victim of Changes
Halls of Valhalla
Turbo Lover
Redeemer of Souls
Jawbreaker
Breaking the Law
Hell Bent for Leather
Encore:
The Hellion
Electric Eye
Painkiller
Living After Midnight
Beginning of the End

Setlist KISS:

1. Good Times Bad Times
(Led Zeppelin song)
1. Detroit Rock City
2. Deuce
3. Psycho Circus
4. Creatures of the Night
5. I Love It Loud
6. War Machine
(Gene spits fire)
7. Do You Love Me
8. Hell or Hallelujah
9. Calling Dr. Love
10. Lick It Up
(with "Won't Get Fooled Again"… more )
11. Bass Solo
(Gene spits blood and flies)
12. God of Thunder
13. Parasite
14. Love Gun
15. Black Diamond
16. Encore:
16. Shout It Out Loud
17. I Was Made for Lovin' You
18. Rock and Roll All Nite
19. God Gave Rock 'n' Roll to You II