Status Quo und The Hooters (18.11.2011, Bielefeld, Stadthalle, maddin)
Für die zahlreichen Fans der wohl aktivsten Band der Welt ist 2011 ein gutes Jahr. Ganz aktuell liegt endlich die deutschsprachige Fassung der Autobiographie der Herren Rossi und Parfitt vor (Review in demnächst hier) . Die Truppe veröffentlichte außerdem mit „Quid Pro Quo“ ein saustarkes neues Album und ging mit diesem zweimal auf Gastspielreise in Deutschland. Zudem packten die Gentlemen gleich 3 Songs des aktuellen Drehers ins Live – Programm, was bei dieser Band einer Sensation gleicht (dazu später mehr).
Wer aktuell dabei war, konnte ein echtes Schnäppchen ergattern; quasi zwei Konzerte zum Preis von einem. Während man im holden Lenz nämlich lediglich lokale Amateur – Combos als Anheizer auf der Bühne entweder bewundern oder bemitleiden durfte, eröffneten nun – zum gleichen Eintrittspreis wie im Juni - die genialen Hooters den Abend. Und waren – das kann man vorab verraten – die eigentlichen Headliner.
Die Bielefelder Stadthalle ist ein wirklich schmuckes Plätzchen. Die Halle ist einladend, mit Holz vertäfelt und verfügt im hinteren Bereich über 2 Ränge. Zudem sind WCs und Bierstände außerhalb des Saals ringförmig angeordnet und alles wirkt extrem gepflegt. Lediglich mit der Gastronomie, da hapert’s.
Lauwarmes Bier zu überhöhten Preisen, verbunden mit Wartezeiten von 15 Minuten und das kulinarische Angebot beschränkt sich auf pappige Brezeln.
Was soll das sein? Wollen die kein Geld verdienen? Wer von den Verantwortlichen hat denn da gepennt?
Ärgerlich, sicher, aber um Punkt 20 Uhr hat keiner mehr gepennt. The Hooters legten mit „Dancing on the Edge“ rockig los. Schon hier staunte das Publikum: Was ist denn das für eine spielfreudige Truppe dort auf der Bühne? Spätestens beim folgenden „Day By Day“ brachen dann alle Dämme. Da rockte jeder der gut 2000 Anwesenden mit und ich, als mitsingender Kundiger, wurde mindestens ein Dutzend mal gefragt: „Sind die immer so geil?“
Doch bevor ich mein altbekanntes „Yeah, Man“ brüllen konnte, spielte die Truppe aus den Staaten „500 Miles“ und alle Unkundigen umarmten mich und krächzten im disharmonischen Chor: „Das kenne ich, Alter!“.
Sie kannten auch noch „All You Zombies“, den guten alten „Johnny B.“ und sie kannten natürlich den fröhlichen „Satellite“, das wohl beste Pop –Rock Stück aller Zeiten.
Sie klatschten, sie genossen diese Mixtur aus Folk, Country und Rock.
Das Phänomen: Sie klatschten genauso bei weniger bekannten Tracks wie „I’m Alive“, „And We Danced“ oder dem grandiosen neuen „Silver Lining“.
Sicher, The Hooters sind zwar mehr Pop als Rock, doch auch Pop - Rock muss man erstmal können. Und die Amis können es!
Sie sind nicht nur grandiose Komponisten, die auch für etliche Hits anderer Künstler (Joan Osbourne, Cindy Lauper, etc.) verantwortlich zeichnen, sie sind zudem eine der besten Live Bands, die ich jemals gesehen habe – und ich habe viele gesehen!
Da klingt alles bis ins letzte Detail perfekt, aber es wirkt nichts einstudiert oder berechnend. Man hat jedes Mal das Gefühl, die Band spielt nur das, was sie gerade will. Selbst der Begriff „Band“ wirkt hier schon fast zu professionell. Eher ist es eine Party von Freunden, die Bock auf Musik haben.
Da werden die Instrumente getauscht, da bleibt keiner länger als 10 Sekunden auf seinem Platz stehen, da gewinnt man echt den Eindruck, die haben mehr Spaß als ihre Fans.
OK – fast die gleiche Lobeshymne habe ich schon im Review zum Konzert in Bochum abgelassen – was anderes kann man halt zu dieser genialen Combo nicht schreiben.
Nur eins: Während ich mich im holden Mai noch über die in Deutsch gesungene Nummer „Pissing in the Rhine“ echauffierte und von „Karnevalsmusik“ parlierte, muss ich der Zugabe nun Tribut zollen:
Zu keinem Zeitpunkt an diesem Abend war die Stimmung im Saal so hochtrabend wie bei diesem 08/15 Stampfer. Selbst die härtesten der harten Quo Fans attestierten mir in der Pause: „Ey, Alter. Eigentlich ist mir die Band zu poppig, aber das Lied mit der Flasche Wein war echt geil! Rülps!!!“
21 Uhr: Das altbekannte Intro ertönt und sofort starten die ebenso altbekannten „Quo – ohhhooo – hoooo“ - Chöre im Auditorium. Ich habe Status Quo schon an die 20 - mal live gesehen, aber es ist immer wieder ein multipler Ohrgasmus, wenn DIESES Riff ertönt.
„Caroline“ ist neben KISS‘ „Detroit Rock City“ und Priests „Electric Eye“ der mit Abstand beste Song, um eine Show zu beginnen.
Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, wenn Rick Parfitt und Francis Rossi mit ihren Klampfen loslegen. Wie kann es sein, dass die Herren nach zig Dekaden immer noch so eine Spielfreude an den Tag legen, als wäre es ihr erster Gig? Ich weiß es! Warum? Weil ich ihre Autobiographie gelesen hab‘!
Schon erwähnt, dass die Besprechung zum Buch bei Squealer- Rocks demnächst erscheint?
Ja? Ich kann mich nicht erinnern. Ich weiß nur noch, dass Quo in Bielefeld wieder mal genau das auf der Bühne präsentiert haben, was sie sind: Die beste, die ehrlichste, die sympathischste Band, ja nahezu die Erfinder des Rock’n’Boogie.
Wer’s nicht glaubt und wer Quo für ein angestaubtes Oldie - Ensemble hält, der hat die Herren nicht gesehen, wenn sie 2011er Großtaten wie das speedige „Two Way Traffic“ präsentieren, das fast Motörhead - Härte erreicht, der hat sie nicht gesehen, wenn Rick Parfitt mit 62 Jahren „Let’s Rock“ brüllt, der hat sie nicht gesehen, wenn man beim poppig - stampfenden „Rock’n’Roll’n’You“ im linken Arm die selig schunkelnde Schwiegermutter und in der rechten Flosse die hüpfende Herzdame hält, während man sich selber fragt, warum die Puste nach 4 Minuten Springen nicht ausgeht.
Das sind Quo! DAS SIND QUO!!!
Nun fragt sich der aufmerksame Leser, weshalb der Autor The Hooters an Nummer Eins setzt. Zwei Gründe:
1.Der Sound war bei den Hooters um Längen besser. Man fragt sich ernsthaft, welcher Idiot da am Mischpult sitzt. The Hooters haben wesentlich mehr Instrumente am Start, also gibt es auch mehr abzumischen. Wie kann es da sein, dass man sich bei Quo über einen übersteuerten Bass und ein viel zu lautes Schlagzeug ärgern muss und die Gitarren während der ersten 15 Minuten viel zu leise sind? Ist ja nicht gerade so, als wenn die Band ihr erstes Konzert gibt und völlig neue Songs präsentiert…
Womit wir bei Punkt Numero Quo, ähh.., Zwo, wären (ja, ich bin heute ein kleiner Schelm!).
2.Ich KANN „Rockin‘ all over the world“ nicht mehr hören! Ebenso dienen mir mittlerweile das grottige „In the Army Now“ und selbst das eigentlich geile „Whatever you want“ oder der Oldie „Down Down“ nur noch dazu, um die Blase zu entleeren. Würden Status Quo nur alle 3 Jahre auf Tour kommen, wäre das kein Ding. Aber zweimal pro Jahr diese Tortur durchzumachen, ist echt hart. Welche Tortur?
Die, dass gut ein Drittel des Publikums eben nur wegen dieser Nummern vor Ort ist.
Der „Wetten, dass…“ - Pöbel blockiert die ersten Reihen mit Rucksäcken und übt sich bei relevanten Songs wie „Rain“ oder „Let’s Rock“ mit nervigem Smalltalk und plötzlich verstehen die echten Fans Francis‘ Ansagen nicht mehr, wissen aber, dass Ilse nur noch drei Brötchen mit Leberwurst hat und der Jürgen den ganzen Biervorrat weggesüppelt hat. Na, toll!
Dennoch: Quo ist Quo und das ist Quo! Nicht verstanden? Na, dann aber mal schnell zum Metzger und Leberwurst gekauft.
Die ersten Dates für 2012 stehen schon.
Und wie immer:
Wie buchstabiert man Rock’n’Roll?
S-T-A-T-U-S Q-U-O!!!
Setlist The Hooters:
Dancing on the Edge
Day By Day
All You Zombies
Karla With A K
500 Miles
The Boys of Summer
I'm Alive
25 Hours A Day
Silver Lining
Satellite
Johnny B.
And We Danced
Pissing in the Rhine
Setlist Status Quo:
Caroline
Something bout you Baby I like
Rain
Rock 'n' Roll 'n' You
Mean Girl
Softer Ride
Beginning of the End
Two Way Traffic
Proposing Medley
Big fat Mama
The Oriental
Creepin up on you
Let's Rock
Gerdundula
In the Army now
Drum Solo
Roll over lay down
Down Down
Whatever you want
Rockin all over the world
Zugabe:
Don't waste my time
Rock 'n' Roll Music
Bye Bye Johnny
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