Squealer-Rocks.de Live-Review
Watain und Deströyer 666 (25.09.2010, Essen, Turock, MR.MELKOR)

Watain haben mit „Lawless Darkness“ ein fulminantes Album vorgelegt, welches definitiv als Klassiker in die Bandgeschichte eingehen dürfte.
Umso erfreulicher ist es, dass die Schweden bei ihrer Tournee mit Deströyer 666 und anderen auch hier in der Gegend halt machen .
Das ist ein Ereignis, welches ich mir natürlich nicht entgehen lassen kann.
Und heute ist soweit. Ich werde mir das ab 18 Jahren freigegebene Konzert von Watain im Turock in Essen anschauen.


Bevor die erste Band den Abend einleitet, will ich rauskriegen, auf welchem Namen die Kapelle hört. Ein Unterfangen, welches eigentlich nicht so schwierig sein dürfte. DÜRFTE wohlgemerkt. Aber man kann ja jeden Tag eine neue Erfahrung machen.
So gut wie keiner der Anwesenden, selbst die von mir angesprochenen Mitarbeiter des Turock nicht, können mir den Namen der Truppe nennen. „Öh, joah. Keine Ahnung. Steht der nicht auf dem Tourposter?“, ist die ungefähre Antwort, die ich auf meine Frage erhalte.
Und nein, auf dem Poster ist nur der Begriff Support verewigt worden.
Macht nix. Es wird sich schon jemand finden lassen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit erbarmt sich endlich einer und verrät mir, wer denn da gleich auf die Bühne gehen wird.
Die Truppe nennt sich Otargos, kommt aus Frankreich und spielt Black Metal der rohen Sorte.

Als das Quartett mit seinem Gig beginnt, haben sich schon einige Leute im Turock versammelt, die auch höflich bis begeistert nach jedem Song der Franzosen applaudieren.
Otargos’ Black Metal erinnert stark an alte Dark Funeral zu „Vobiscum Satanas“-Zeiten. Mir gefallen sie ziemlich gut, auch wenn die Jungs ihrem Stil vielleicht noch einen letzten Feinschliff verpassen sollten. Denn so wirklich bleibt kein Stück von ihnen hängen.
Leider ist auch die Gitarre des Frontmannes heute Abend viel zu leise abgemischt. Der arme Kerl spielt sich die Seele aus dem Leib, und keiner kriegt was davon mit.
Die Franzosen geben auf jeden Fall alles und das muss man ihnen anrechnen.

Deströyer 666 sind mir zwar vom Namen her geläufig, dennoch habe ich das Schaffen dieser Band nie wirklich verfolgt.
Ich schein aber heute Abend der Einzige zu sein, der mit den Australiern nicht viel am Hut hat.
Als Deströyer 666 die Bühne betreten, ist das Turock mehr als gut gefüllt und der Applaus des Publikums ist alles andere als zurückhaltend.
Die Band legt mit ihrem Blackenend Thrash-Metal los. Leben kommt in die Masse, was nicht nur an den kreisenden Haaren erkennbar ist, sondern auch an der enormen Bewegungsfreude der Leute. Deströyer 666 scheinen richtig Spaß zu haben und geben ordentlich Gas.
Songs wie „Satans Hammer“, „I Am Not Deceived“ oder „Black City” schlagen ein wie ein Bombe. Nicht nur die Band zelebriert jedes von ihnen dargebotene Stück, sondern auch das Publikum weiß es sehr beeindruckend zu würdigen. Es wird gebangt, gepogt, mitgegrölt , mitgeklatscht und jedes Stück willkommen geheißen, und zwar ohne Unterlass.
Mehr geht nicht. Wenn ich es nicht besser wüsste, dann würde ich davon ausgehen, dass die Australier Headliner des Abends sind.
Nachdem der letzte Ton des finalen Songs „The Eternal Glory Of War“ verklungen ist, habe ich das Gefühl, den Hauptact dieser Veranstaltung gesehen zu haben.
Deströyer 666 haben einen fulminanten Gig hingelegt.
Gratulation.

Anschließend gibt es für die Roadies einiges zu tun. Die schiere Masse an Kerzen, den 2 umgedrehten Kreuzen, den mit einem Heidschnuckenbock-Knochenschädel beschmückten Altar vor dem Schlagzeug und die diversen anderen Symboliken müssen in einer nicht allzu langen Zeit ihren Platz auf der Bühne finden. Eine Aufgabe, welche das rotierende Schlepppersonal mit Bravour erledigt. Nach ungefähr 15 Minuten ist alles fertig und Watain müssen nur noch die Fläche betreten und ihr Ding durchziehen.
Ganz so leicht macht es die Band dem Publikum aber nicht. Das Quintett lässt seine Zuschauer warten.

Der Laden ist rappelvoll. Die Bewegungsfreiheit hat ihre Grenzen erreicht.
Es ist enorm ruhig im Turock. Man vernimmt nur noch wenige Stimmen von den Leuten.
Die Spannung ist bis ins Unermessliche angestiegen. Es scheint so, als ob so gut wie keiner sich von seinem Platz trauen würde, da er sonst den Anfang verpassen könnte.
Der Geruch von verbranntem Kerzenwachs macht sich in der Halle breit, die Augen sind permanent auf die Bühne gerichtet.
Man spürt, dass man Zeuge von etwas Großem werden wird. Von etwas, dass in seiner Intensität schwer zu überbieten sein könnte.
Aus den Boxen tönt der Klang einer Orgel, welcher mächtig und erhaben durch die Halle stampft. Gleich geht es los.
……
Und dann treten Watain endlich in Erscheinung. Die Schweden selbst sind in Corpsepaint sowie in einer Menge Ketten und Nieten gekleidet. Das Publikum tobt, heißt seine „Helden“ mit tosendem Applaus willkommen.
Nach einem kurzen Augenblick legen Watain mit „Malfeitor“, dem 2. Stück vom neuen Longplayer, „Lawless Darkness“, los. Auch wenn es sich hierbei nicht um Knüppelsong handelt, so gehen Watain dennoch damit gleich in die Vollen. Denn „Malfeitor“ ist genau das, was man erwartet hat: düster, nihilistisch, mysteriös und unberechenbar. Dem Quintett selbst ist seine Leidenschaft für diese Musik jede Sekunde anzusehen. Watain scheinen sie nicht nur zu spielen, sondern auch zu verkörpern.
Auf jeden Fall macht die Band bei einem Konzert anscheinend nicht nur irgendeinen Job, sondern sie ist mit Leib und Seele dabei, genauso wie heute Abend. Eine Eigenschaft, die sich auch auf das Publikum überträgt. Es ist Teil und zugleich Zeuge einer schwarzen Messe, welche mit Begeisterung zelebriert wird.
Auf „Malfeitor“ folgt ein Ausflug in die Vergangenheit.
„Devil’s Blood“ , zu finden auf „Casus Luciferi“, ist an der Reihe. Hier offenbart sich ebenso das Bild einer Feier, die von jedem Teilhabenden berauscht und feurig bejubelt wird.
Die Becher mit dem Gerstensaft sind zwar leer, man hat dennoch keine Zeit für Nachschub zu sorgen, auf jeden Fall jetzt noch nicht, gleich erst. Ein Umstand, der sich während des gesamten Abends wahrscheinlich nicht großartig ändern wird.
Nach „Malfeitor“ geben Watain das großartige „Satan’s Hunger“ zum Besten.
Ist dieses Stück bereits als Studioversion ein Kracher, so gewinnt es Live noch mehr an Durchschlagkraft. Das liegt zum einen an dem wirklich guten Sound heute Abend, eine Tatsache, die im Turock leider viel zu selten vorkommt, als auch an der spürbaren Passion der Band. Ferner ist es sehr beeindruckend, dass sich das Quintett trotz seiner massiven Bekleidung so frei, wild und problemlos bewegen kann. Die Nacken werden bis zum Limit malträtiert und die verfügbaren Positionen auf der Bühne wechseln nicht nur einmal ihren Besitzer. Frontmann Erik Danielsson hält dabei immer Blickkontakt zum Publikum. Er spornt es durchgehend an und hat Erfolg damit. Viele Leute bangen sich die Seele aus’m Leib, einige bleiben ruhig, aber konzentriert in der Ecke stehen. Es gibt kaum jemanden, der auf irgendeine Art nicht mit seinen Sinnen bei der Show ist. War ich zuvor der Ansicht, dass schon bei Deströyer 666 nicht noch mehr ging, so bin ich nun eines besseren belehrt worden.
Endlich ist „Reaping Death“ an der Reihe. Ein Song, bei dem Watain ein Tabu ihres eigenen Kreises gebrochen haben. Sie haben in dem Refrain Higher mit Fire gereimt bzw. sie haben nicht nur, sondern sie tun es immer noch.
Na und? Scheiß drauf . Soviel dazu.
Dieses Stück ist ein bösartiger Bastard, was eben besonders durch den Refrain zum Ausdruck kommt. Das Publikum grölt bei besagten Zeilen lauthals mit. Man merkt, wie viel Kraft die meisten in diesem Moment entwickeln, mich eingeschlossen. Von der Lautstärke her zu urteilen, müssen die gesungen Zeilen bis nach draußen durchdringen.
Watain hauen anschließend mit „Sworn To The Dark“ einen weiteren eingängigen Kracher heraus, der ebenso eine Wirkung entfaltet wie zuvor „Reaping Death“.
Anscheinend mag sich die Band bei der Songsauswahl erst einmal auf die letzten beiden Alben, „Sworn To The Dark“ und „Lawless Darkness“, konzentrieren zu wollen.
Und genauso verläuft es. „Wolves Curse“, „Legions Of The Black Light” und „Total Funeral” finden mit geballter Durchschlagkraft den Weg ins Gehör des tobenden Publikums.
Wunderbar.
Im Anschluss folgt mit „On Horns Impaled“ endlich ein Stück von Watain’s Debütalbum, „Rabid Death’s Curse“. Einfach nur geil, mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
Hiernach geben Watain nicht einen von ihren Songs zum Besten, sondern hauen Bathory’s „The Return Of Darkness And Evil“ raus. Dem Quintett gelingt es, den Klassiker mit viel Hingabe lebendig werden zu lassen. Das Stück stellt nicht bloß irgendeine Coverversion dar, sondern die Band scheint es richtig verinnerlicht zu haben.
Obwohl einem bewusst ist, von wem der Song ursprünglich stammt, erkennt man ihn heute Abend als ein Watain-Machwerk an.
Danach ist erst einmal Schluss. Das Quintett verschwindet von der Bildfläche.
Vom Publikum wird eine Zugabe eingefordert.
Ich nutze den Augenblick, um mir schnell noch 2 Becher mit dem goldenen Gebräu nachfüllen zu lassen. Da an der Theke nicht viel los ist, nimmt diese Aktion nicht viel Zeit in Anspruch.
Als ich wieder am Ort des Geschehens eintreffe, betreten Watain gerade erneut die Bühne. Das Quintett greift tief in seine Songkiste und holt „I Am The Earth“ hervor.
Die Band gibt noch einmal alles, das Publikum ebenfalls.
Es ist einer dieser Momente, von dem ich mir wünsche, er würde länger dauern. Doch irgendwann geht alles mal zu Ende.
Nach „I Am The Earth“ ist entgültig Feierabend.
Ein letztes mal für heute Abend ernten Watain tosenden Beifall. Den haben sie sich mehr als nur verdient.
Was für ein Konzert! Was für ein geiler Abend.
Ich verneige mein Haupt.

Übrigens, mir kam während des gesamten Gigs nicht ein Hauch eines muffigen Geruchs entgegen. Watain sind für ihr Bad im Schweinblut bekannt, welcher dafür sorgt, dass sich in ihrer Gegenwart ein spezieller Duft warnehmen lässt. Heute Abend war dem aber nicht so.

Einen Kritikpunkt gibt es hervorzuheben. Watain haben es gewagt, das geniale „Stellarvore“ nicht mit in die Setlist aufzunehmen. Pah!!! Aber das ist motzen auf hohem Niveau.