Squealer-Rocks.de Live-Review
IQ (19.06.2010, Bochum, Zeche, maddin)

Da braucht man kein Prophet zu sein:
Rush werden dieses Jahr nicht mehr auf Deutschland Tour kommen, Asia waren schon da, und es ist auch eher unwahrscheinlich, dass sich Marillion oder Genesis noch einmal in Originalbesetzung auf teutonische Bühnenbretter begeben werden.
Damit ist es Fakt: Das beste (und zugleich hochwertigste) Konzert 2010 ging am Donnerstag Abend um genau 22.05 Uhr zu Ende.
Protagonisten waren die britischen Neo - Progger IQ und ca. 500 begeisterte Menschen werden meine Aussage mit Nachdruck bestätigen.
Wobei: Nach dem fulminanten Auftritt vor 2,5 Jahren an gleicher Stelle hat niemand auch nur einen annähernd durchschnittlichen Gig erwartet.
Doch dieses Mal war alles irgendwie noch einen kleinen Tick besser, eine Nuance atmosphärischer.
Perfekt, eben.

Angefangen beim Beginn der Show um exakt 20 Uhr; 2007 gab es noch eine 20 - minütige Verspätung wegen eines defekten Scheinwerfers, die der Band rotzfrech von der Spielzeit abgezogen wurde.
Auch soundtechnisch gab es heuer nichts, aber auch gar nichts, zu mäkeln. Die komplexen Klangbilder waren perfekt ausgesteuert, jede Feinheit gut zu hören.
Die Briten hatten zudem wieder ihre Multimedia – Show dabei. So wurden die hochintelligenten Lyrics sehr eindrucksvoll und atmosphärisch auf drei Leinwänden visuell untermalt.
Hätten wir also schon mal drei Punkte, bei denen man die Höchstnote vergeben kann.
Fehlen noch zwei – nicht gerade unwesentliche - Aspekte:

Da wäre zunächst das Publikum und auch hier heißt es: Daumen hoch.
Wer immer noch glaubt, auf Prog – Konzerten gehe es zu wie bei einer Vorlesung der Musikhochschule, der sollte schnellstens sein krudes Weltbild ändern.
Bereits nach dem Opener gab es bis in die hinteren Bereiche des Clubs nicht enden wollende Sprechchöre. Ein halbes Dutzend Verrückter in der 3. Reihe brachte es sogar fertig, fast durchgehend zu hüpfen, als stünden dort Status Quo auf der Bühne. Lediglich bei den ruhigen Nummern blieb man stehen, um sich allerdings auch dann als absolut textsicher zu präsentieren. Klasse, Jungs – Eure Euphorie war echt ansteckend.

Und die Band? Die zeigte sich - wie immer – in brillanter Verfassung und über jeden Zweifel erhaben.
Bandboss Mick Holmes – zunächst mit Brille – hatte sichtliche Freude an seinem neuen Effektgerät, das er mit der Hand bediente, und war mit seiner kauzigen Art natürlich wieder der Sympathiebolzen schlechthin.
Bass – Gott Jon Jowitt walzte mit seinem Viersaiter alles nieder und auch dieses Mal ließ es sich der Hüne nicht nehmen, nach dem Konzert ein paar Bierchen mit den Fans zu zischen.
Neuzugang Mark Westworth wirbelte in seiner Keyboard - Burg umher und man wunderte sich mehr als einmal, wie es der Mann schafft, die übermächtigen und vielschichtigen Tasten – Sounds ebenso präzise wie in den Studio - Versionen zu spielen.
Rückkehrer Paul Cook spielte erstaunlich hart, was ihn von seinem Ersatz Andy Westworth doch deutlich unterscheidet, und verpasste dem Live - Feeling so den nötigen Kick.
Sänger Peter Nicholls gab wie gewohnt die introvertierte Front - Diva und wirkte zeitweise wie in Trance. In bester Peter Gabriel Manier singt der Mann seine Texte nicht, er fühlt sie.
Auf Verkleidungen verzichtete der Gute diesmal und angesichts der lauten Sprechchöre und vielen klatschenden Hände ließ er sich sogar mehrfach zu einem Grinsen und humorvollen Ansagen hinreißen.

In der ersten Stunde absolvierte die Truppe zunächst einen regulären Set, um dann das '85er Meisterwerk „The Wake“ komplett zu spielen. Als Zugabe wurde noch „The Darkest Hour“ gereicht, ehe nach 125 Minuten alle mit dem gleichen Satz die Halle verließen:
„Ach, nee – watt war datt schön!“.

Setlist:
01. Frequency
02. Sacred Sound
03. Red Dust Shadow
04. Leap Of Faith
05. Came Down
06. The Seventh House
07. Outer limits
08. The Wake
09. The magic roundabout
10. Corners
11. Widow`s peak
12. The thousand days
13. Headlong

Encore:
14. The Darkest Hour